Winterkrieg 1939-40
Zeitleiste
- 23. August 1939 Die Sowjetunion und Deutschland unterzeichnen einen Nichtangriffspakt.
- 1. September 1939 Deutschland marschiert in Polen ein.
- 3. September 1939 Großbritannien und Frankreich erklären Deutschland den Krieg.
- 17. September 1939 Die Sowjetunion marschiert in Polen ein.
- 7. Oktober bis 9. November 1939 Eine finnische Delegation verhandelt in Moskau.
- 6. Oktober 1939 Finnland erklärt die Mobilmachung.
- 30. November 1939 Die Sowjetunion marschiert in Finnland ein. Sowjetische Flugzeuge bombardieren Helsinki. Der Winterkrieg beginnt.
- 13. März 1940 Der Frieden von Moskau beendet den Krieg nach 105-tägigen Kämpfen.
Die Angriffslinien der Roten Armee in Ilomantsi im Jahr 1939.
Hintergrund
Nach der deutschen Annektierung Österreichs im Jahr 1938 folgte 1939 die Besetzung der Tschechoslowakei.
Deutschland und die Sowjetunion unterzeichneten am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt, auch bekannt unter dem Namen Molotow-Ribbentrop-Pakt. Dieser Pakt enthielt ein geheimes Zusatzprotokoll, in dem die Grenzen bestimmter europäischer Länder festgelegt wurden, wobei Finnland und die baltischen Länder, also Estland, Lettland und Litauen, in die Einflusszone der Sowjetunion gerieten.
Am 1. September 1939 überschritten deutsche Truppen die Grenze zu Polen. Großbritannien und Frankreich erklärten Deutschland den Krieg. Am 17. September marschierte die Sowjetunion, die mit Deutschland die Teilung Polens vereinbart hatte, in den östlichen Teil des Landes ein.
Die Gespräche geraten in eine Sackgasse
Die Sowjetunion lud Anfang Oktober eine finnische Delegation nach Moskau ein, um über aktuelle politische Fragen zu sprechen. Finnland mobilisierte sofort nach Erhalt der Einladung 300.000 Reservisten unter dem Vorwand einer „zusätzlichen Auffrischungsübung“.
Als die Delegation am 16. Oktober aus Moskau zurückkehrte berichtete sie, dass die Sowjetunion von Finnland die Abtretung von Gebieten auf der Karelischen Landenge und um Petsamo an der Küste des Nordpolarmeeres forderte. Die Sowjetunion forderte außerdem die Kontrolle über mehrere Inseln im Finnischen Meerbusen und wollte einen 30-jährigen Pachtvertrag für die Halbinsel Hanko an der Südküste des finnischen Festlandes unterzeichnen.
Nach Ansicht des Vorsitzenden des Verteidigungsrates, Marschall Gustaf Mannerheim, war Finnland nicht bereit für einen Krieg. Daher wurde beschlossen, die Verhandlungen fortzuführen, wobei sich eine Einigung jedoch als unerreichbar erwies.
Die russischen Angriffsrouten in Ilomants sind in rot dargestellt. Die blaue Farbe zeigt die Bewegungen der finnischen Truppen.
Bedenken der lokalen Militärkommandanten
Während des ganzen Sommers und Frühherbstes 1939 hatten die finnischen Grenzschutzeinheiten in Ilomantsi die übergeordneten Kommandoebenen über beunruhigende Entwicklungen hinter der Grenze informiert. Man hatte Explosionen gehört, die Geräusche von Fällarbeiten, das Rumpeln von Lastwagen und Panzerfahrzeugen sowie Gewehrschüsse, von denen man annahm sie dienten dem Einschiessen. Von der finnischen Seite aus war auch der Rauch von Hunderten von Lagerfeuern zu sehen.
Der für die Verteidigung Nordkareliens zuständige Stab des IV. Armeekorps hatte jedoch aufgrund des schlechten Zustands der Straßen auf der sowjetischen Seite der Grenze nicht damit gerechnet, dass die Russen eine massive motorisierte Streitmacht in Richtung Ilomantsi losschicken würden.
Die Russen meldeten am 26. November sieben Explosionen in der Nähe des sowjetischen Dorfes Mainila auf der karelischen Landenge und behaupteten, dass diese durch finnische Artilleriegranaten ausgelöst worden seien. Dabei handelte es sich jedoch um eine von der Sowjetunion inszenierte Aktion unter falscher Flagge, die von den Russen genutzt wurde, um einseitig den damals geltenden Nichtangriffspakt mit Finnland aufzukündigen.
Major Viljo Nikoskelainen und Hauptmann Viljo Kivikko, beide in der Grenzschutzkompanie Ilomantsi im Grenzschutzbezirk Joensuu tätig, waren sich darüber im Klaren, dass der Krieg unmittelbar bevorstand und ordneten am 27. November die Evakuierung der Zivilbevölkerung in den grenznahen Ortschaften an. Diese gegen die Politik und die Befehle des übergeordneten Hauptquartiers getroffene Entscheidung erwies sich als richtig. Denn dank des Vorgehens von Nikoskelainen und Kivikko waren die Verluste der Zivilbevölkerung in Ilomantsi nach Ausbruch des Krieges drei Tage später geringer als in den Grenzsiedlungen der benachbarten Gemeinden.
Die Rote Armee greift an
Am Morgen des 30. November 1939 überquerte die 155. Division des Brigadekommandeurs P. A. Aleksandrov mit 18.000 Soldaten die Grenze nach Ilomantsi und stieß zunächst praktisch ungehindert entlang von drei Achsen vor.
Die zahlenmäßig überwältigende Überlegenheit des Angreifers und die Qualität seiner Ausrüstung überraschten die Verteidiger völlig. Die gegnerische Truppe verfügte über eine große Anzahl von Panzerfahrzeugen, Panzern und anderer motorisierter Ausrüstung, die den Verteidigern nicht zur Verfügung stand. Die Division verfügte zudem über Tausende von Pferden und Artilleriegeschützen.
Die Finnen hatten diesem Ansturm nur das 11. selbständige Bataillon von Nikoskelainen entgegenzusetzen, das überwiegend aus Männern der Grenzschutzkompanie Ilomantsi, Mitgliedern des Schutzkorps von Ilomantsi und einheimischen Reservisten bestand. Das Bataillon wurde durch Leutnant Julkunens Abordnung junger Freiwilliger verstärkt, die ihren Militärdienst noch nicht abgeschlossen hatten. Die Verteidigungskräfte bestanden aus insgesamt 900 kampffähigen Männern.
Während der ersten Tage des Krieges zogen die Evakuierten aus den Grenzgebieten mit den sich zurückziehenden Militäreinheiten in Richtung Westen. Nach einer Verstärkung der Verteidigung von Ilomantsi in der zweiten Woche der Kampfhandlungen wurde die relative zahlenmäßige Überlegenheit der gegnerischen Streitkräfte auf etwa eins zu vier reduziert, doch die Finnen blieben die Unterlegenen.
Vorstoß auf zwei Achsen
Die Rote Armee bewegte sich entlang zweier Achsen innerhalb der heutigen Grenze Finnlands.
Von Norden aus stieß der Feind entlang der Niemijärvi-Straße in Richtung Korentovaara vor, von wo aus er entlang der heutigen Hatuntie (Straße Nr. 522) in Richtung des Kirchdorfes Ilomantsi vorrückte bis sein Vormarsch bei Kallioniemi am Fluss Koitajoki gestoppt wurde, wo sich die Front bis zum Ende der Kampfhandlungen am 13. März 1940 stabilisierte.
Von Süden her rückten die feindlichen Truppen durch das Dorf Möhkö in Richtung Oinassalmi vor (ebenfalls entlang der heutigen Straße Nr. 522), wo die Verteidiger vor den führenden Einheiten des Feindes eine Brücke sprengten, die einen schmalen Gewässerabschnitt überspannte. Nach der Ausschaltung der den Angriff anführenden Panzern durch finnische Kanoniere geriet der Angriff ins Stocken, und die Lage bei Oinassalmi stabilisierte sich für den Rest des Krieges.
Eine russische Einheit in der Stärke eines Bataillons drang im südlichen Sektor in die Frontlinie der Verteidiger ein, wurde aber schon bald in der Nähe des Sees Taivallampi, fünf Kilometer von Oinassalmi entfernt in Richtung des Dorfes Ilomantsi, bis zum letzten Mann ausgelöscht.
Die Angriffe in Ilomantsi hatten zum Ziel, die finnischen Truppen, die in Tolvajärvi im Süden kämpften, von hinten zu bedrohen. Die Einnahme der Gemeinde Ilomantsi hätte einen Weg in die regionale Hauptstadt Joensuu geebnet und einen Zugang zu guten Straßen- und Eisenbahnverbindungen ermöglicht.
Schwedische Häuser in Korentovaara. (Foto: Fotoarchiv Finnische Verteidigungsstreitkräfte)
Frieden von Moskau
Die Kämpfe an der finnischen Front endeten am 13. März 1940 um 11.00 Uhr. Eine finnische Delegation hatte am frühen Morgen in Moskau einen Friedensvertrag unterzeichnet, mit dem der 105-tägige Winterkrieg beendet wurde.
Die Vereinbarung des Waffenstillstands war eine höchst brisante Entscheidung, da die Finnen mit ihren Kräften am Ende waren, ihre wichtigsten Verteidigungsstellungen hatten aufgeben müssen und die Artillerie praktisch keine Munition mehr hatte. Auch wenn Joseph Stalin von seinem Plan, ganz Finnland zu besetzen, abrücken musste, so diktierte die Sowjetunion doch harte Bedingungen für den Frieden. Finnland war gezwungen, weite Teile des Landes an die Sowjetunion abzutreten, darunter ein Drittel der Fläche der Gemeinde Ilomantsi.
Wer den östlichsten kontinentalen Punkt der Europäischen Union besucht, sieht zwei Teile der finnisch-russischen Grenze die aus unterschiedlichen Epochen stammen. Von den Grenzpunkten im Nordwesten folgt die Grenze der im Vertrag von Stolbovo 1617 zwischen Russland und Schweden gezogenen Linie, während der Verlauf der Grenze im Südwesten durch den Frieden von Moskau festgelegt wurde.
Wiederaufbau
Die an den feindlichen Vormarschrouten entlang kämpfenden finnischen Truppen brannten auf ihrem Rückzug nach Westen Hunderte von Häusern und anderen Gebäuden nieder. Nach Kriegsende kehrten die meisten der evakuierten Einwohner nach Hause zurück und begannen mit einem umfassenden Wiederaufbau.
In den Orten Lehtovaara und Korentovaara wurden fünfundzwanzig kleine, von Schweden gespendete Fertighäuser errichtet. Sie verringerten den Mangel an Unterkünften erheblich und sind bis heute noch in Gebrauch. Diese Häuser erinnern uns an die einzigartige Kriegsgeschichte von Ilomantsi.
Die aus den besetzten Gebieten Evakuierten wurden in alle Teile Finnlands umgesiedelt. In den russisch besetzten Siedlungen blieb keine finnische Bevölkerung zurück.